„Dzien Dobry“ in Masuren

Stettin, Danzig und die masurische Seenplatte: im Jahr 2015 hatte sich der Obst- und Gartenbauverein Scheuerfeld zu seiner Fronleichnamsfahrt einiges vorgenommen. Deswegen waren wir dieses Jahr auch acht statt der üblichen vier Tage unterwegs. Um es vorwegzunehmen: es hat sich gelohnt. 2.800 Kilometer im Bus unterwegs, viele neue Eindrücke gewonnen, herrliche Landschaften und eindrucksvolle Bauwerke gesehen und mancher hat wohl auf Grund der hervorragenden Verpflegung das eine oder andere Kilo zugenommen. Unser Busfahrer Frank Stobbe hat uns sicher und umsichtig zu unseren jeweiligen Zielen gebracht und unser polnischer Reisführer Christoph, ein wandelndes Lexikon, hat uns während der Fahrt prima unterhalten. Manch einer hat Tränen gelacht.

1.Tag:

 

An Berlin vorbei ging die Reise zunächst nach Stettin. Unterwegsverpflegung im Bus, wie immer hervorragend organisiert durch Ingrid Wölfert. Am Grenzübergang Pomellen stieg Christoph zu. Geldumtausch, da Polen zwar der EU beigetreten ist, aber den Euro noch nicht eingeführt hat. Kurze Besichtigung der Stadt und danach gab`s Abendbrot im Hotel. Wer wollte, konnte danach noch einen Stadtspaziergang machen. Abends im Cafe Panorama im 22. Stock konnte man einen herrlichen Sonnenuntergang mit Regenbogen bestaunen.

 

 

2.Tag:

 

Nach einem ausgiebigen Frühstück am Buffet hatten wir eine Stadtrundfahrt in Stettin mit unserem Bus. An den Hakenterrassen, einer besonderen Sehenswürdigkeit, gab`s eine kurze Photopause.

 

 

Viel Zeit konnten wir nicht mehr in Stettin verbringen, vor uns lagen ca. 400 Kilometer Landstraße. Über Köslin, Stolp und Lauenburg kamen wir am Nachmittag in Gdingen (Gdynia), dem Danziger Vorhafen an. Hier hatten wir die erste Berührung mit der Ostsee.

 


 

Danach ging´s erst mal zum Abendessen in unser Hotel in Zoppot (Sopot) bei Danzig. Christoph hat vorgeschlagen, noch einen kleinen Spaziergang zur Seebrücke zu unternehmen („liegt gleich hier um die Ecke“. Waren dann mehr als 3 Kilometer). Aber auch hier wurde die Anstrengung belohnt. Wer wollte, konnte hier das erste Mal mit den Füßen ins Wasser oder auch nur die schöne Abendstimmung genießen

 


 

3.Tag

 

Nach einem ausgiebigen Frühstücksbuffet erwartete uns eine kurze Stadtrundfahrt durch Danzig (Gdansk) mit Fotostopp an der Westerplatte. An dieser Stelle haben bekanntlich im Jahr 1939 die ersten Kampfhandlungen des 2. Weltkriegs begonnen. Weiterfahrt nach Oliva, einem Stadtteil von Danzig. In der dortigen Kathedrale kamen wir in den Genuß eines herrlichen Orgelkonzerts.

Danach fuhren wir in die Danziger Innenstadt, vorbei an riesigen schlangenförmigen Wohnblocks die zum Teil fast einen Kilometer lang waren und am Danziger Fußballstadion mit seiner bernsteinfarbenen Hülle. Die Zeit bis 15.00 Uhr stand zur freien Verfügung. Wer wollte, konnte in einer der zahlreichen Gaststätten zu Mittag essen oder einen Stadtbummel unternehmen.

 


 

Um 15 Uhr erwartete uns Stadtführerin Bozena um uns die Sehenswürdigkeiten der Stadt zu erklären. Leider begann es jetzt zu regnen. Glücklicherweise hielten wir uns oft in Gebäuden auf, so konnten wir dem schlechten Wetter ein wenig entfliehen. Unter anderem besuchten wir die Marienkirche, die größte gotische Backsteinkirche der Welt.

 


 

Zum Abschluß besuchten wir noch eine Bernsteinschleiferei. Hier konnten wir zuschauen, wie Bernstein verarbeitet wird. Wer wollte, konnte auch eines der Schmuckstücke kaufen.

Danach ging`s zurück ins Hotel zum Abendessen.

 

4. Tag

 

Sehr zeitiger Aufbruch, schon um 7.30 Uhr. Leichtes Murren unter den Teilnehmern. Christoph: „Meine lieben Gäste, Sie wollen hier etwas sehen, Urlaub machen können Sie zu Hause“. Unser erstes Ziel war die Marienburg
(Malbork) an der Nogat. Die Burg war einst Sitz der Hochmeister des Deutschen Ordens im Deutschordenstaat. Die Burganlage ist der größte Backsteinbau in Europa.

 


 

 


 

Nach einer ca. zweistündigen Führung fuhren wir weiter, an der Hafenstadt Elbing vorbei nach Frauenburg (Frombork). Nach einer kurzen Mittagsrast mit Verpflegung aus der Bordküche erwartete uns im Dom zu Frauenburg ein Orgelkonzert, das ebenso beeindruckend war wie das am Vortag in Oliva. Der Frauenburger Dom ist übrigens die Kathedrale des Erzbischofs von Ermland. Stanislaus, ein Freund von Christoph, erzählte uns kurz einiges Wissenswerte über den Dom.

 


 

Kurz darauf saßen wir auch schon wieder im Bus. Nach einer kurzen Fahrt durch die für Ostpreußen so typischen Lindenalleen erreichten wir den Oberlandkanal. Er wurde in den Jahren 1844 bis 1860 erbaut. Die Länge des Kanals beträgt insgesamt 129,8 Kilometer (bis Deutsch Eylau). Der eigentlich bekannte Teil des Kanals von Elbing bis Osterode beträgt 82 Kilometer. Als Besonderheiten gelten die

Fünf Rollberge, auf denen die Schiffe zur Bewältigung des Höhenunterschieds von 99 Metern auf Schienenwagen über Land transportiert werden. Sie sind als Standseilbahn ausgelegt, die von Wasserrädern angetrieben werden. Der Kanal gilt als technisches Denkmal und steht unter Denkmalschutz (1).

Da der Kanal nach einer längeren Restaurationsphase erst wenige Tage vor unserer Ankunft wieder eröffnet wurde, kamen wir in den unverhofften Genuß einer Bootsfahrt (Christoph: Meine lieben Gäste, bitte Beeilung, Kapitän Lahudrigkeit wartet schon …)

 


 

Danach Weiterfahrt über Osterode und Allenstein in unser Nachtquarteier, dem Hotel Eva in Sensburg
(Mragovo). Ankunft gegen 20.30 Uhr, ein langer aber interessanter Tag ging zu Ende.

Im Hotel Eva verbrachten wir die nächsten drei Nächte.

 

5. Tag

 

Dieser Tag sollte etwas gemütlicher verlaufen. Nach einem ausgiebigen Frühstück am Hotelbuffet erreichten wir nach kurzer Busfahrt das Flüsschen Krutyna. Während einer einstündigen gestakten Bootsfahrt ließ es sich so richtig entspannen.

 


 

Der Fluß ist in diesem Bereich übrigens Naturschutzgebiet.

Nachdem wir wieder glücklich am Ufer waren und keiner naß geworden ist, setzten wir unsere Fahrt fort durch die Johannisburger Heide nach Galkowo. Im Jagdhaus von Alexander Potocki fand unsere Mittagseinkehr statt. Vorher noch hielt Renate Marsch-Potocka, die Mutter von Herrn Potocki und ehemalige Journalistin sowie Polen-Korrespondentin, einen kleinen Vortrag über Marion Gräfin Dönhoff .

 


 

Unser nächstes Ziel nach der Mittagsrast war Nikolaiken
(Mikolajki). Der Ort liegt an einem Seitenarm des Spirdingsees und gilt als eines der Zentren des polnischen Wassersports.

Nach der Besichtigung der örtlichen evangelischen Kirche hatten wir Zeit zur freien Verfügung, die jeder auf seine Weise nutzte. Ein Spaziergang am See, ein Besuch in einer Bar oder ein Eis in einer der zahlreichen Eishallen.

 


 

Da an unserem nächsten Reisetag Fronleichnam war, entschlossen wir uns, an diesem Tag noch die Wallfahrtskirche „Heilige Linde(Swieta Lipka) , unweit von Sensburg, zu besuchen. Wir wollten dem Andrang des Feiertags entgehen. Eine richtige Entscheidung, wie sich am nächsten Tag zeigen sollte ….

 


 

Und wieder saßen wir in unserem Bus, die masurische Landschaft zog am Fenster vorbei, bis wir schließlich die „Heilige Linde“ erreichten.

 


 

Auch dort durften wir ein herrliches Orgelkonzert miterleben. Einige der Figuren auf der Orgel haben sich während der Vorstellung bewegt.

Zu unser aller Überraschung sprach einer der Mönche deutsch, und wir mußten gemeinsam das Lied „Großer Gott wir loben Dich“ singen.

Nach einer kurzen Busfahrt erreichten wir wieder Sensburg, wo schon das Abendessen wartete.

 

6. Tag

 

Fahrt über Rastenburg
(Ketrzyn) nach Görlitz zur „Wolfsschanze“, Hitlers Feldhauptquartier im zweiten Weltkrieg. Jan Zduniak, ein ehemaliger Professor aus Warschau, führte uns über das Gelände und erklärte sehr anschaulich die geschichtlichen Hintergründe des Baus und Betriebs der Anlage, das Stauffenberg-Attentat sowie der Sprengung der Anlage durch die Deutsche Wehrmacht zum Ende des Kriegs. Herr Zduniak hat bei dieser Gelegenheit zwei selbst verfaßte und sehr interessante Bücher verkauft.

 


 


 

Danach fuhren wir weiter in Richtung Rotwalde. Unterwegs gab es eine Zwangspause wegen einer Fronleichnamsprozession, die leider die ganze Straße beanspruchte. Eine Umleitung für einen Reisebus gab es nicht, so schauten wir einfach ein wenig zu …..

Mittagspause war diesmal in einer sehr rustikalen Gaststätte in der Nähe des Lötzener Sees.

 


 

Am Nachmittag war nochmals eine Schifffahrt angesagt, über einen Teil des Lötzener Sees sowie durch einige Kanäle im Bereich der Stadt Lötzen
(Gizycko).

 


 


 

Nachdem wir nochmals ein herrliches Stück Natur kennenlernen durften, saßen wir auch schon wieder in unserem Bus. Rückfahrt nach Sensburg, letztes Abendessen im Hotel, letzter Spaziergang am See und Kofferpacken, denn am nächsten Tag sollte die Heimreise beginnen.

 

7. Tag

 

Nochmals ein reichliches Frühstück am Hotelbuffet, Koffer verladen, einsteigen und nochmals ein Blick zurück auf unser Hotel Eva und den Sensburger See. Kurz darauf fuhren wir wieder durch Allenstein, der Hauptstadt des Ermlands ( der Definition nach „armes Land“) und fuhren an der „Kernsdorfer Höhe“ vorbei, mit 313 Metern der höchsten Erhebung in Ostpreußen.

 

 

Gegen Mittag hatten wir unser erstes Ziel erreicht, Thorn
(Torun) an der Weichsel. Die Stadt hat rund 200.000 Einwohner und eine Universität. Bekannt ist Thorn vor allem für seine Altstadt mit vielen Gebäuden im Stil norddeutscher Backsteingotik, sowie als Geburtsort des Astronomen Nikolaus Kopernikus (übrigens ist Kopernikus in Frauenburg verstorben, wo wir bekanntlich einige Tage vorher waren). Da die Stadt im zweiten Weltkrieg nicht zerstört wurde, ist die alte Bausubstanz vollständig erhalten und im übrigen UNESCO-Weltkulturerbe.

Auch hier hatten wir eine Stadtführung. Unsere Führerin Neda zeigte uns die schönsten Sehenswürdigkeiten der Stadt, unter anderem die Kirche St. Johann, das Kopernikus-Denkmal und einen großen Getreidespeicher. Der Esel war übrigens für zänkische Zeitgenossen gedacht, die dort in Ruhe und unter dem Gespött der Leute über ihre Taten nachdenken durften …..

 


 


 

Nach dem obligatorischen Menü aus der Bordküche (Steaks, Bratwürste, Buletten) saßen wir auch schon wieder im Bus. Über Hohensalza und Gnesen erreichten wir schließlich Posen
(Poznan) an der Warthe. Universitätsstadt, VW-Werk, Malta-See mit Wassersportveranstaltungen und viele weiter Sehenswürdigkeiten. Hier sollte unsere letzte Übernachtung stattfinden.

Nach einer kurzen Stadtrundfahrt wurde das Gepäck im Hotel abgegeben und auf ging`s zum letzten geführten Stadtrundgang mit Christoph, bevor sich dieser verabschiedete um in seine Heimatstadt Stettin zurückzufahren. Nach dem Abendessen gingen die meisten nochmals in die Altstadt auf einen Abschiedstrunk. Die letzten Zlotys wurden ausgegeben.

 


 


 

8. Tag

 

Abfahrt am Hotel um 08.00 Uhr, ca. 600 Kilometer Fahrt lagen vor uns. Gegen 10.30 überquerten wir bei Frankfurt die Oder und waren damit wieder in Deutschland. Südlich von Potsdam auf einem Autobahnrastplatz Mittagessen aus der Bordküche. Weiter ging`s auf der A 9, an Leipzig vorbei bis zum Hermsdorfer Kreuz und dann Richtung Erfurt. Eine letzte Rast auf der A 71, auf den Autobahnwegweisern tauchte erstmals wieder der Name „Coburg“ auf.

Am frühen Abend erreichten wir schließlich Scheuerfeld.

Eine schöne Reise mit sehr vielen neuen Eindrücken ging zu Ende.

Außerdem hat unser Reiseführer Christoph Podifigurny unseren Wortschatz bedeutend erweitert:

  • Lorbass: Bezeichnung für die Männer im Bus, heißt eigentlich Lümmel, oder Taugenichtse
  • Marjellchen: ostpreußische Bezeichnung für Mädchen
  • Boofke: Kosename für kleine Buben
  • Früchtekutsche: Kinderwagen mit Baby
  • Poggen: ostpreußische Bezeichnung für Frösche
  • Patrone gegen Unterhopfung: Bierflasche
  • Vielen Dank für das herrliche Geräusch: wenn`s Applaus gab
  • Langschwanzelche: Kühe

und noch einige weitere Bezeichnungen, die den Reiseteilnehmern bestens bekannt sein dürften.

 

Anmerkungen:

„Dzien dobry“ : polnisch für „Guten Tag“

(1) mit freundlicher Hilfe von Wikipedia

 

Bericht von Winfried Wölfert und Thomas Hager

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Thomas Hager

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